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Dietrich Wilhelm Landfermann (1800 – 1882)

zuletzt aktualisiert: 13.08.2015

von Ottwilm Ottweiler

Dietrich Wilhelm Landfermann (1800-1882)
Dietrich Wilhelm Landfermann (1800-1882)

Der Pädagoge Dietrich Wilhelm Landfermann wurde am 28. August 1800 als Sohn eines lutherischen Pfarrers in Soest/Westfalen geboren. Während des Studiums der Philologie und Geschichte an den Universitäten Göttingen und Heidelberg engagierte er sich in der verbotenen Burschenschaft, die ihn bald zu ihrem Sprecher wählte. 1824 wurde er verhaftet und als Staatsfeind zu 13 Jahren Festungshaft verurteilt, von denen er fünf Jahre weitgehend auf der Zitadelle Magdeburg absaß, ehe er vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. begnadigt wurde. Unter strenger polizeilicher Beobachtung stehend, erhielt Landfermann Lehrerstellen auf Probe im Ruhrgebiet. Dank seiner unbestrittenen pädagogischen und fachlichen Leistungen wurde er 1835 jedoch Leiter des Gymnasiums in Duisburg.

Seine Leistungen als Schulleiter haben Landfermann wohl für die Stelle des Provinzialschulrates empfohlen. 1841 berief die Regierung ihn in das Provinzialschulkollegium nach Koblenz, der Hauptstadt der preußischen Rheinprovinz. Die Provinz umfasste die Regierungsbezirke Koblenz, Trier, Köln, Düsseldorf und Aachen. Landfermann verantwortete und beaufsichtigte Schulen und Lehrerseminare in diesen Bezirken. Die restaurative und repressive Schulpolitik war damals bereits in voller Entfaltung. Energisch und stets ohne Rücksicht  auf die Gefahr, persönliche und berufliche Nachteile zu erleiden, kritisierte Landfermann diese Politik des Rückschritts. Die Folge waren heftige Konflikte mit ihren politischen Repräsentanten und Verfechtern, so dass Landfermann oft fürchten musste, aus dem Amt entfernt zu werden. Mit außergewöhnlicher Zivilcourage und großem Mut setzte er sich für die Verbesserung der Bildung der breiten Bevölkerungsschichten, für Chancengleichheit, Teilhabe, Beseitigung des sozialen Elends ein. Er wehrte sich vehement gegen eine Bildungsreduktion und eine unterschiedliche Bildungszuteilung für Bevölkerungsschichten, wie sie von der offiziellen Schulpolitik beabsichtigt wurden. Die Qualifikation und Ausbildung der Lehrer, von der Regierung bewusst vernachlässigte Bereiche, versuchte Landfermann zu verbessern – gegen den Widerstand der herrschenden Politik. Für die Gymnasien und ihre Arbeit forderte Landfermann eine größere Selbständigkeit, Gestaltungsfreiräume, Eigenverantwortung der Schüler und Lehrer.

An dem Revolutionsgeschehen 1848/49 beteiligte sich Landfermann aktiv. Er war Mitglied des Frankfurter Vorparlaments. Auf seine Initiative kam am 18. und 19. Mai 1848 eine Lehrerversammlung in St. Goar zustande, um über eine Neugestaltung des Volksschulwesens zu beraten. Diese Versammlung setzte im revolutionären Geschehen des Rheinlandes beachtenswerte Akzente. Die daraus entstandene Denkschrift, die den Parlamenten in Berlin und Frankfurt übergeben wurde, ist eine Manifestation freiheitlich-demokratischer Geisteshaltung. Wesentliche Teile dieser Denkschrift lesen sich wie eine Vorwegnahme heutiger Diskussionen zu Pädagogik, Schulbildung und Schulpolitik. 1849 wurde Landfermann im Wahlkreis Simmern/Hunsrück als Abgeordneter in den preußischen Landtag gewählt. Bis 1873 amtierte er als Provinzialschulrat in Koblenz, dann zog er nach Weinheim an der Bergstraße, wo er am 17. August 1882 starb.

Im Jahre 1925 wurde Landfermann durch die Weimarer Republik gewürdigt, indem das Duisburger Gymnasium, an dem er sechs Jahre als Schulleiter tätig war, nach ihm benannt wurde. Eine Hauptstraße in Duisburg trägt ebenfalls seinen Namen. Die rheinland-pfälzische Landesregierung und die Stadt Koblenz ehrten Landfermann mit einem Denkmal, das 2008 im Treppenhaus des Dienstgebäudes der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Koblenz angebracht wurde.


Literatur:

  • Helge Dvorak, Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft, Bd. I: Politiker, Teilbd. 3: I-L, Heidelberg 1999, S. 222-224.
  • Richard Hoche, Landfermann, Ludwig Dietrich Wilhelm. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Bd. XIX. Leipzig 1884, S. 744-746.
  • Reinhard Kallenbach, Schulreform mit Hindernissen im Rheinland. In: Rhein-Zeitung Koblenz v. 24.01.2015, S. 14.
  • Reinhard Kallenbach, Der lange Kampf für bessere Schulen. In: Rhein-Zeitung Koblenz v. 03.07.2012, S. 19.
  • Tim Kosmetschke, Landfermann - Visionär im Staatsdienst. In: Rhein-Zeitung Koblenz v. 17.08.2007, S. 27, Koblenz.
  • Tim Kosmetschke, Ein Relief für einen mutigen Schulrat. In: Rhein-Zeitung Koblenz v. 20.08.2008, S. 13, Koblenz.
  • Dietrich Wilhelm Landfermann, Erinnerungen aus seinem Leben. Leipzig 1890.
  • Ottwilm Ottweiler, Dietrich Wilhelm Landfermann (1800-1882). Provinzialschulrat in Koblenz – ein mutiger Schulreformer in reaktionärer Zeit. In: Koblenzer Beiträge zur Geschichte und Kultur, Neue Folge 14, 2004, Hg. vom Görres Verlag, Koblenz in Verbindung mit dem Stadtarchiv Koblenz, Koblenz 2006, S. 131-150.
  • Ottwilm Ottweiler, Der Koblenzer Provinzialschulrat Dietrich Wilhelm Landfermann (1800-1882). Ein mutiger Schulreformer in reaktionärer Zeit. In: Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz, Blätter zum Land, Nr. 3/2005.
  • Ottwilm Ottweiler, Die St. Goarer Lehrerversammlung am 18. und 19. Mai 1848. Eine Manifestation freiheitlich-demokratischer Geisteshaltung im Revolutionsgeschehen des Rheinlandes. In: Hansen-Blatt, Nr. 60, Juli 2007, St. Goar am Rhein, S. 83-90.
  • Wolfgang Redwanz et al., Bildung und Schule in Koblenz. Vorwort zur Vortragsreihe. In: Koblenzer Beiträge zur Geschichte und Kultur, a.a.O., S. 41-43.

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